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Die letzte S-Bahn nach Teltow
Aus der Fahrgastzeitung "punkt 3" der S-Bahn-Berlin GmbH Ausgabe vom 22.Februar 2005 anlässlich der Neueröffnung der Strecke nach Teltow
Mit dem Teltower Hans Riedel endete die erste S-Bahn-Ära
Hans Riedel beendete in der Nacht zum 13. August 1961 Teltows erste S-Bahn-Ära: Der Teltower steuerte als allerletzter Triebfahrzeugführer eine S-Bahn dorthin - für 43einhalb Jahre. Ziel war der damalige S-Bahnhof Teltow am östlichen Ende der Mahlower Allee, am Stadtrand.
Teltow hat die S-Bahn wieder! Darüber freut sich auch Hans Riedel (80), der vor fast 44 Jahren in der Nacht zum 13. August 1961 die allerletzte S-Bahn nach Teltow fuhr. Wenige Tage vor der Streckenneueröffnung traf punkt 3 den äußerst vitalen und lebenslustigen 80-jährigen Teltower.
Was passierte während Ihres Dienstes in jener Nacht?
Wir fuhren die Züge damals von Bernau bis Teltow. Von der um Mitternacht
am 13. August begonnenen Schließung der Grenze hatte ich noch nichts
bemerkt. Als ich dann gegen 1 Uhr meinen Zug aus Lichterfelde Süd
herausfuhr, wunderte ich mich zunächst nur, dass russische Soldaten an der
Berliner Stadtgrenze aufmarschiert waren. Dass dies die letzte S-Bahn für
Jahrzehnte sein würde, die aus Berlin nach Teltow fuhr, davon hatte ich
keine Ahnung und das hätte damals auch keiner vermutet.
Was wurde aus Ihrem Zug?
Ich erhielt den Auftrag, den Zug um 4.20 Uhr leer zurück nach Lichterfelde
Süd zu fahren, um ihn dort wieder im Verkehr einzusetzen. Wir pendelten
den ganzen Tag zwischen Lichterfelde Süd und Anhalter Bahnhof. Es war ein
ganz schönes Chaos. Lange, lange kam keine Ablösung. Schließlich kam gegen
18 Uhr am 13. August dann doch noch eine. Endlich geht es nach Hause,
dachte ich. Aber die Rückkehr nach Teltow wurde ein Kapitel für sich.
Ließen die Grenzer Sie nicht durch?
Es hieß, wir sollten mit einer leer nach Jüterbog fahrenden Lok, also ohne
Zug, vom Stellwerk Lichterfelde Ost nach Teltow mitfahren. Doch die Lok
kam nicht, sie hatte wohl einen Schaden. Ein Kollege und ich gingen
deshalb wieder zum S-Bahnhof und fuhren bis Lichterfelde Süd vor. Von da
aus liefen wir entlang der Schienen in Richtung Teltow. Natürlich
bemerkten uns die Grenzer. Wir versuchten alles zu erklären, aber die
blieben misstrauisch, wir wurden erstmal als illegale Grenzgänger
festgenommen und mussten mit zum Zoll. Dort wurde alles nachgeprüft und
irgendwann konnten wir doch noch nach Hause.
Wie ging es mit Ihnen dann weiter?
Ich blieb noch gute 7 Jahre bei der Reichsbahn als
S-Bahn-Triebfahrzeugführer mit Einsatz in Westberlin. Nach zwei Jahren
Werkbahn in Teltow wechselte ich zum Autohandel, damit endete das Kapitel
Eisenbahn. Jahrzehntelang war unsere Familie eine Eisenbahnerdynastie, das
war nun vorbei. Jetzt freue ich mich riesig, nach so vielen Jahren die
Rückkehr der S-Bahn zu erleben. Schön, dass der S-Bahnhof in die Stadt
verlegt wurde. Darüber freuen wir Teltower uns.
Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Michael-Peter Jachmann, Redaktion
"punkt 3"
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